In unserer Praxis machen wir immer häufiger die Erfahrung, dass immer mehr Menschen im „Bermuda-Viereck“ zwischen Psychiatrie, Jugendhilfe, Justiz/Forensik und Obdachlosen-/Wohnungslosenhilfe hin- und hergeschoben oder abgewiesen werden, ohne adäquate Hilfe und Unterstützung zu erhalten.
Die DGSP hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebenssituation von Menschen in psychosozialen und/oder psychischen Notlagen und insbesondere der Menschen, die von den bestehenden Angeboten der Hilfs- und Unterstützungssysteme nicht oder nicht mehr erreicht oder von diesen ausgeschlossen werden, zu verbessern.
Fachausschuss Non Compliance & Eigensinn
Ziele des FA sind:
- die Abkehr von einem Menschen- und Behandlungsverständnis, das Menschen grundsätzlich als „non compliant“ oder „nicht behandlungswillig“ stigmatisiert und ihnen individuell notwendige, angemessene Hilfen und Unterstützungsleistungen verweigert,
- das Einbeziehen der besonderen Erfahrungen und Perspektiven der „Systemsprenger:innen“ und „-tester:innen“, der „Extremindividualisten“, der „Systemverweigerer“, der „Heavy user (Intensivnutzer)“, der als „Drehtürpatient:innen“ und „Qualitätsprüfer:innen“ und als „hard-to-reach“ oder „schwer erreichbar“ beschriebenen oder sich bezeichnenden Menschen, aber auch der mit und für diese arbeitenden und sich engagierenden „Professionellen“ und Angehörigen in die gesellschaftliche und fachliche Diskussion,
- die trialogische Erarbeitung von Kriterien und umsetzbaren Vorschlägen für Angebote, die speziell auf die Bedürfnisse und Interessen sich als eigensinnig, als widerständig, als „Systemsprenger:innen“ oder als „schwer erreichbar“ bezeichnender und/oder beschriebener Menschen ausgerichtet sind,
- die Analyse und Förderung positiver/“best-pratice“ Modelle und Projekte.
Im FA sind zur Zeit ca. 25 Menschen aktiv: Neben systemerfahrenen Expertinnen und Experten und Betroffenen auch Mitarbeitende aus den Bereichen der Sozial- und Gemeindespsychiatrie, der Jugend-, Alten-, Behinderten-, Wohnungslosen- und Suchthilfe, der Sozialarbeit, des Streetwork und der Sozialwissenschaft.
Der FA trifft sich derzeit viermal im Jahr als Videokonferenz.
Bild: Gruppenfoto des Fachausschusses Non Compliance & Eigensinn
Hinweis:
Es soll ausdrücklich betont werden, dass der FA den Begriff der „Non Compliance“ nicht als Bezeichnung für die angebliche Unwilligkeit und mangelnde Bereitschaft eigensinniger, von Zwangsmaßnahmen oder von Ausschließungs- und Exklusionserfahrungen betroffener und diskriminierter Menschen versteht, sondern als Kritik an der „Non Compliance“ der bestehenden Systeme und der diese innewohnenden gesetzlichen wie institutionellen Rahmenbedingungen, die die Zugänge zu adäquat ausgestalteten Hilfe- und Unterstützungsangebote erschweren oder unmöglich machen.