Menschen mit wesentlichen seelischen Behinderungen und umfassendem Unterstützungsbedarf haben so gut wie keinen Zugang zu Wohnraum, bzw. oftmals nur mit Unterstützung von Leistungsanbietern. In Ballungsräumen ist bezahlbarer Wohnraum kaum vorhanden. Dies sind Symptome einer immer noch bestehenden grundsätzlichen gesellschaftlichen Ausgrenzung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen. Es gilt daher entsprechenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig öffentlich zugängliche Räume zu schaffen, in denen Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderung stattfinden können. Der Sozialraum muss so gestaltet werden, dass keine Isolierung in der Lebenssituation als Einzelmieter entsteht, da diese nicht gesundheitsfördernd wirkt.
Fachausschuss Wohnen
Der Fachausschuss "Wohnen" (vorher "FA Menschen in Heimen") änderte 2018 seinen Namen, um den wesentlichen Änderungen der Eingliederungshilfe im Sozialgesetzbuch IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung) Rechnung zu tragen. Diese hat durch die Trennung der Fachleistung von den existenzsichernden Leistungen die bis dato übliche Unterscheidung zwischen ambulanter und stationärer Unterstützung, zwischen der Eingliederungshilfe im Wohnheim und der in einer eigenen Wohnung aufgehoben. Nicht nur die Begriffe "Heim" und "stationär" sind verschwunden, sondern auch der Begriff "ambulant" (oft genutzt um sich vom Heim abzugrenzen). Dies setzt das Thema Wohnen und Unterstützung bei der Teilhabe nunmehr ganz grundsätzlich anders auf die Tagesordnung, es geht heute um die Assistenz zur Verwirklichung von Teilhabe, egal wo ein Mensch wohnt.
Der Fachausschuss Wohnen hat vor allem den Personenkreis der Menschen mit einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung (SMI), die als psychisch behindert gelten, im Blick. Es geht um Menschen, die in der Regel auf eine Form unterstützten Wohnens angewiesen sind, ob in einer Besonderen Wohnform (ehem. Wohnheim), in einer eigenen Wohnung mit aufsuchender Unterstützung oder in einer der zahlreichen Zwischenformen.
Deren Lebenssituation, Ideen für eine optimale Unterstützung und Begleitung unter den aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen, die daraus folgenden sozialpolitischen Forderungen, das sind Orientierungspunkte für die Arbeit im Fachausschuss.
Die Fragestellung ist stets, wie Menschen mit einem hohen oder komplexen Hilfebedarf ein möglichst frei gewähltes und selbstbestimmtes Wohnen mit angemessener Lebensqualität ("gutes Leben"), mit persönlicher Partizipation und mit sozialer Teilhabe ermöglicht werden kann. Die Hinwendung zu den Menschen in unserer Gesellschaft, die nach wie vor großes Leid erleben und denen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert ist, das ist der ethische Leitfaden für die Mitwirkenden im Fachausschuss.
- Mitglieder des Fachausschusses Wohnen im März 2025 in Leipzig
Organisation des Fachausschusses
Der Fachausschuss Wohnen trifft sich in der Regel einmal im Jahr an wechselnden Orten zu einem zweieinhalbtägigen fachlichen Erfahrungsaustausch und zur Bearbeitung aktueller Themen. Ansonsten erfolgen der Austausch und die wechselseitige Information vor allem über E-Mails und in Videokonferenzen.
Alle Mitwirkenden im Fachausschuss sind in ihren jeweiligen Arbeitskontexten intensiv vernetzt, in Projekte und Arbeitszusammenhänge eingebunden und haben Berührungspunkte zu zahlreichen anderen sozialpsychiatrischen Themen. Dies verschafft dem Fachausschuss einerseits einen sehr weit gefächerten, guten Einblick in ganz unterschiedliche Themenbereiche und in die sehr unterschiedliche Praxis in den verschiedenen Bundesländern.
Der hohe Arbeitsdruck der Mitglieder setzt aber komplexeren Aktivitäten des Fachausschusses auch deutliche Grenzen. Dennoch gelang es in den vergangenen Jahren:
- sich kritisch mit den Zielen, der Umsetzung und den Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auseinanderzusetzen,
- sich mit dem Capability Approach und den Ergebnissen der Baescap-Studie zu beschäftigen,
- die eintägige Fachtagung »›Teilhabe für alle!‹ – Übergänge gestalten. Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) und die Schwierigsten« (Köln 2017) zu veranstalten,
- eine viel beachtete Broschüre »Eingliederungshilfe auf dem Weg zur Inklusion« (2012) zu veröffentlichen (die dringend einer Überarbeitung und Aktualisierung bedarf)
- sowie weitere Aspekte kritisch unter die Lupe zu nehmen, beispielsweise
- Regionale Versorgungsverpflichtung, Gemeindepsychiatrische Verbünde, Sozialraumorientierung und Gemeinwesenarbeit, Wohnungspolitik und alternative Wohnprojekte
- Eingliederungshilfe und die möglichen Übergänge zu z.B. Pflege oder Sucht
- Geschlossene Unterbringung, Gewaltprävention in Einrichtungen der Eingliederungshilfe
- Partizipation und Selbstvertretung von Betroffenen und Angehörigen in Wohneinrichtungen (ExIn-Genesungsbegleitung, Peer-Beratung)
- Geschichte der Sozialpsychiatrie (z.B. in der DDR) als auch aktuelle Forschungsergebnisse
Hierzu wurden Referent:innen aus Forschung und Praxis eingeladen, Einrichtungen besichtigt sowie die Zeit zum Austausch genutzt.
Regelmäßig führen Mitwirkende des Fachausschusses Wohnens sowohl im Auftrag des Fachausschusses als auch aufgrund ihrer jeweiligen Berufstätigkeit innerhalb wie außerhalb der DGSP Arbeitsgruppen und Workshops durch, halten Redebeiträge und veröffentlichen Artikel in Fachzeitschriften.