Die Gestaltung und Veränderung im Umgang mit Menschen, denen subjektives Leiden aufgrund einer Andersartigkeit zukommt, braucht: Kunst. Ohne Kunst bleiben gesellschaftliche Veränderung und Psychiatriereform substanzlos. Die Künste vermitteln das Bewusstsein für Form und Inhalt und so die Gestaltbarkeit gesellschaftlicher Beziehungen. Sie wandeln eigensinnige Subjekt-Positionen in objektive Zusammenhänge.
Wer Kunst verstehen will, braucht: kulturelle Bildung. Kulturelle Bildung bietet den Schlüssel zum Verständnis von Kunst. Kultur bezeichnet, was und wie Menschen produzieren und ihre gesellschaftlichen Beziehungen gestalten. Kultur ist der Bezugsrahmen für Sozialpsychiatrie. Sozialpsychiatrie konstituiert sich als Teil von Kultur. Bildung ist das Potenzial, mit welchem Menschen die inneren und äußeren Verhältnisse vorstellbar und erkenntlich werden. Bildung dient dem Subjekt zur Erkenntnis und zur Gestaltung der Welt sowie zur Optimierung der Beziehung mit anderen Subjekten. Kulturelle Bildung steckt, so der Deutscher Kulturrat, den Rahmen für die gesellschaftlichen Zugangsmöglichkeiten der Menschen. (DKR 2004 :1) Das geht auf die UN-Behindertenrechtskonvention zurück und impliziert Teilhabe und Partizipation.
Fachausschuss Kunst und Kultur
Der Fachausschuss befasst sich mit Kunst und kultureller Bildung in sozialpsychiatrischen Zusammenhängen. Kunst artikuliert subjektive Lebensäußerungen, die über formale Gestaltungsfragen inhaltliche Gegenstandsproblematiken behandeln. Der Ausschuss wird subjektive Äußerungen künstlerischer Betätigung zum Ausgangspunkt einer Verständigung über "Sinn" und "Eigensinn" im Spannungsfeld von Leid und Genesung thematisieren. Bedürfnisse, Interessen und Wünsche von Betroffenen und sozialpsychiatrisch tätigen Menschen positionieren sich durch Kunst im gesellschaftlichen Bezugsrahmen. Im FA organisieren sich sowohl Expert:innen durch Erfahrung als auch Expert:innen durch Beruf. Im FA finden sich auch Menschen, die beide Expertisen (Beruf und persönliche Betroffenheit von psychischen Leiden) in sich vereinen.
Ziel des Fachausschusses ist es, die große "Verständnislosigkeit" (vgl. Kempker 1988) der Psychiatrie zu überwinden und durch Kunst und kulturelle Bildung Handlungsmöglichkeiten zu erkennen, zu erproben und zu erweitern.
Organisationsrahmen:
Der Fachausschuss favorisiert ein bis zwei Präsenztreffen pro Jahr. Zwei bis drei weitere Treffen sollen virtuell oder hybrid konfiguriert werden.
Zielgruppe des Fachausschusses sind alle sozialpsychiatrisch tätigen Menschen, die künstlerische Tätigkeiten in ihrer (sozialpsychiatrischen) Praxis anwenden und/oder lernen und anwenden wollen. Dazu gehören verschiedene Berufsgruppen und betroffene Menschen in der Sozialpsychiatrie. In der berufspolitischen Fokussierung geht es sowohl um die Funktion von Kunst für den Reformprozess der Psychiatrie als auch um die Kunst als Therapeutikum.
Bei jedem Treffen soll eine Form künstlerischer Arbeit und/oder kultureller Bildung in der sozialpsychiatrischen Praxis vorgestellt werden. Rezeption, Diskussion und Gestaltung von Kunst und kultureller Bildung (z.B. Galerie- und Museumsbesuche, Vorstellungen von Theater-, Tanz und Performance-Aufführungen, Konzerte und Lesungen) sind Teil gemeinsamer Reflexion beim Präsenztreffen (maximal 25 Prozent).
Aufgaben:
- Planung: theoretische und praktische Positionsbestimmung zur Bedeutung von Kunst und kultureller Bildung für die Sozialpsychiatrie
- Artikel für "Soziale Psychiatrie" und "Sozialpsychiatrische Informationen"
- Vorbereitung einer Fachtagung
- Vorbereitung, Vorstellung und Besprechungen von Kurzfortbildungen
- Formulierung eines Forderungskataloges, adressiert an Politik und Gesundheitswesen