Was ist die Soltauer Initiative?
Die Soltauer Initiative für Sozialpolitik und Ethik in sozialen Arbeitsfeldern ist 2004 mit den »Soltauer Impulsen« in die Öffentlichkeit getreten. Sie ist eine von inzwischen zahlreichen Initiativen und Einzelpersonen, die die Veränderungen im Gesundheitswesen und in allen sozialen Arbeitsfeldern kritisch beobachten und öffentlich Besorgnis und Widerspruch formulieren.
Wie viele andere sucht sie nach Wegen, sozial- und gesellschaftspolitischen Einfluss zu gewinnen, um der Ökonomisierung und Bürokratisierung des Sozial- und Gesundheitswesens – deren destruktive Auswirkungen seit Erscheinen der »Soltauer Impulse« in 2004 noch erheblich zugenommen haben – entgegenzuwirken.
Die ersten Treffen der Initiative fanden in einer »Teestube« in Soltau statt. Darauf beruht der Name. Die Soltauer Regionalgruppe OWL betreibt eine informative Homepage mit interessanten, weiterführenden Links: http://www.soltauer-impulse.culturebase.org/, deshalb an dieser Stelle nur kurze Informationen für einen ersten Überblick.
Vorgeschichte und kurze Chronik der Soltauer Initiative zu Sozialpolitik und Ethik
1997 - Auseinandersetzung mit der zunehmenden Ökonomisierung des Sozialen - Erscheinen des Buches »»Ökonomie ohne Menschen? – Zur Verteidigung der Kultur des Sozialen«, Hrsg.: Blume/Bremer/Meier, Paranus Verlag, Neumünster 1997 (www.paranus.de)
2000 - Fortsetzung dieser Auseinandersetzung in dem Buch »Die Kunst des Indirekten – Plädoyer gegen den Machbarkeitswahn in Psychiatrie und Gesellschaft« von Renate Schernus, Paranus Verlag, Neumünster 2000
2003 - Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e. V. (DGSP) unter dem Motto »Schlimmer kommt`s immer – Profis in der Psychiatrie zwischen Sparzwängen und Visionen«. Von dieser Tagung nehmen Fritz Bremer und Renate Schernus die Anregung mit, jetzt etwas zu tun. (Öffentlichkeit herstellen, sagen, was sich in der praktischen Arbeit verändert, was von MitarbeiterInnen wahrgenommen wird…)
2004 - »Soltauer Impulse zu Sozialpolitik und Ethik am Beispiel psychiatrischer Arbeitsfelder«. Fritz Bremer und Renate Schernus haben sich im Vorfeld der Impulse Verbündete gesucht und mit ihnen gemeinsam die Impulse formuliert.
Zur Soltauer Initiative wurde diese Gruppe erst durch das große öffentliche Echo innerhalb und außerhalb Deutschlands. Die Gruppe fühlte sich nunmehr verpflichtet, weiter zu machen, um die auf sie gerichteten Erwartungen nicht all zu sehr zu enttäuschen.
2005 - »Ökonomie ohne Menschen?« Tagung in Berlin, gemeinsam veranstaltet durch die Soltauer Initiative und die DGSP. Bewusst wurde auf den Buchtitel von 1997 zurückgegriffen. Während dieser Tagung wurde versucht, die Impulse zu vertiefen und die Verknüpfung verschiedener Ebenen durch drei Tagungsschwerpunkte zu leisten. Sie lauteten:
• Zwischenmenschlichkeit auf dem Prüfstand
• Handeln im Spannungsfeld zwischen »Mainstream« und »besserem Wissen«
• Diktat des Marktes? Mythen, Auswirkungen, Alternativen
Neu für die psychiatrische Szene war u. a. die Einbeziehung von alternativ denkenden Wirtschaftswissenschaftlern und Sozialwissenschaftlern mit ökonomischem Sachverstand.
Eine fast vollständige Tagungsdokumentation findet sich in Heft 4/2005 der Sozialpsychiatrischen Informationen. Der Tagungsbeitrag von Friedhelm Hengsbach »Mehr Markt reicht nicht - Gesellschaftliche Risiken und solidarische Sicherung entsprechen einander« in Heft 2/2006 derselben Zeitschrift (Psychiatrie-Verlag, Bonn)
2006 - Zukunftswerkstatt in Hofgeismar Anfang Juni, gemeinsam veranstaltet von Soltauer Initiative und DGSP. Der Titel lautete: »Im Griff von Markt und Bürokratie - die Gestaltung des Sozialen in die eigene Hände nehmen – aber wie?« Auch KollegInnen aus Österreich nahmen teil. Die Zukunftswerkstatt ist insofern als Folge der Berliner Tagung anzusehen, als der dort zu kurz gekommene Austausch zwischen MitarbeiterInnen und die Entwicklung eigener kreativer Ideen nachgeholt werden konnte. Ein Bericht über die Zukunftswerkstatt ist in Soziale Psychiatrie 4/06 erschienen. Eine Dokumentation von Seiten der DGSP liegt vor.
2006 - Gründung der Linzer Initiative Ende Juni 2006. Zuvor Vortrag von Renate Schernus beim 25 Jubiläum von Exit Sozial in Linz. Thema des Vortrags »Kiesel für Davids Schleuder – Bericht über die Soltauer Impulse zu Sozialpolitik und Ethik«.
Kontakt zur Linzer Initiative über: http://www.exitsozial.at/
2006 - Diplomarbeit von Martin Osinski über die Soltauer Impulse (November 2006). Martin Osinski ist Mitglied des Erweiterten Vorstands der DGSP (Diplomsupervisor)
2007 - Erscheinen des Buches »Tyrannei des Gelingens - Plädoyer gegen marktkonformes Einheitsdenken in sozialen Arbeitsfeldern« von Schernus/Bremer, Paranus Verlag, Neumünster 2007
2008 - »Das Soziale als politisches Anliegen«, Tagung in der Fachhochschule für Sozialwesen in Potsdam. Bei dieser Tagung waren besonders junge MitarbeiterInnen im Blick. Es gab drei Schwerpunkte:
• Arbeitswirklichkeit in sozialen Arbeitsfeldern
• Soziale Rechte streitbar vertreten
• Sozialarbeit – vom Minutentakt zum Kontakt mit Zeit
2008 - Internetumfrage mit dem Titel: »Vielfalt Nutzen - Wir haben eine Idee« (September 2008). Bei dieser Umfrage wollten wir das Netz für Vernetzung kritischer Initiativen nutzen. Eine der Fragen lautete: Was hat sich in den letzten Jahren im Zuge der zunehmenden Ökonomisierung des Sozial- und Gesundheitswesens für MitarbeiterInnen dieser Arbeitsbereiche hinsichtlich ihrer beruflichen Ziele und hinsichtlich ihres beruflichen Selbstverständnisses geändert? Eine Kurzauswertung ist in die Stellungnahme zur UN-Behindertenrechtskonvention eingegangen (s. Oktober 2009). Eine ausführliche Auswertung von Hildegard Weigand findet sich in Heft 2/2010 der Sozialpsychiatrischen Informationen.
2008 - »Stell Dir vor wir sind reich und keiner merkt’s – wie eine reiche Gesellschaft Hilfesuchenden und Helfern die notwendigen Mittel verweigert« – unter diesem Titel veranstaltete November 2008 die Regionale Gruppe OWL der Soltauer Initiative gemeinsam mit der Zionsgemeinde Bethel eine Abendveranstaltung. Fabian Kessl von der Uni Bielefeld wirkte mit, Mitglieder der SI gestalteten gemeinsam mit der Theaterwerksatt Bethel Szenen aus dem wirklichen Leben. Klänge aus der »Drei Groschen Oper« gaben das passende Kolorit.
2009 - Anfang Februar befasst sich die Soltauer Initiative intern mit Konzepten von Sozialraumorientierung unter Hinzuziehung von Dr. Sandra Landhäusser (Universität Tübingen) und Texten Klaus Dörners und Fabian Kessls. Frau Landhäusser stellt u. a. Forschungsergebnisse eines Projektes in Bielefeld dar.
2009 - Anfang März veranstaltet die regionale Gruppe OWL einen Diskussionsabend zum Thema: Frieden mit dem Kapital? – Kritische Auseinandersetzung mit der Denkschrift der EKD »Unternehmerisches Handeln in evangelischer Perspektive«, Referent: Prof. Dr. Frank Crüsemann
2009 - März 2009 werden Vertreter der Soltauer Initiative OWL eingeladen zu einer Tagung des Betreuungsvereins Gemeinsam Wohnen e. V. eingeladen. Titel »Die Behinderung bleibt die Armut wächst«. Ein Mitglied der Soltauer Initiative OWL bestreitet einen Podiumsbeitrag.
2009 - Vortrag: Zur Ökonomisierung des Sozialen – Beziehungsgestaltung zwischen Markt und Bürokratie (Renate Schernus, April 2009) in Wien beim Östereichischen Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik (Arbeitskreis für Gesellschaftspolitik und soziale Entwicklung).
2009 - Im Oktober erscheint eine Stellungnahme der Soltauer Initiative zur UN- Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Kontext von Sozial- und Wirtschaftspolitik. Titel: »Moralisch aufwärts im Abschwung?« Sie wird mit der Zeitschrift Soziale Psychiatrie verteilt (Rundbrief der DGSP) und Ende 2009 an alle Sozial- und Gesundheitspolitiker sowie an die Behindertenbeauftragten geschickt.
2009 - Erscheinen des Buches Worte verändern die Welt – Die Macht der Sprache in der ökonomisierten sozialen Arbeit" Paranus Verlag, Neumünster 2009 von Thomas Erlach, Mitglied der Linzer Initiative
2010 - Die Stellungnahme zur UN-BRK »Moralisch aufwärts im Abschwung?« wird veröffentlicht in dem Buch »Teilhabe in Zeiten verschärfter Ausgrenzung? –
Kritische Beiträge zur Inklusionsdebatte«, Hrsg.: Wittig-Koppe/Bremer/Hansen,
Paranus Verlag, Neumünster 2010
2011 - Beginn der Aktion »Soltauer Denkzettel«. Der Denkzettel Nr. 1 mit dem Titel »Sozial 21 – auch wir wollen oben bleiben - Anstiftung zum Widerstand im Sozial- und Gesundheitsbereich« erscheint im April und wird mit den Zeitschriften Soziale Psychiatrie 2/2011 und Sozialpsychiatrische Informationen 2/2011 verteilt. Im Juli 2011 erscheint der Soltauer Denkzettel Nr. 2 mit dem Titel »Anpassung alternativlos???« Die Denkzettel sind auch auf der Website der Soltauer Regionalgruppe OWL abrufbar (siehe oben).
2012 - Januar 2012 erscheint der Soltauer Denkzettel Nr. 3 zum Thema Qualitätssicherung unter dem Titel »Zwei Welten«
2013 – 1.- 2. Februar 2013 findet ein Workshop in Köln mit dem Thema: »Soziale Kehrtwende! – Da es nicht für alle reicht, springen die Armen ein (Ernst Bloch) – Wie lange geht das noch? – Soziale Initiativen tun sich zusammen« statt.
2013 – Im April erscheint der Soltauer Denkzettel Nr. 4 mit dem Titel »an alle Profis im Sozial- und Gesundheitswesen!!!« Motto: Der Markt hat im Gesundheitswesen so viel zu suchen, wie der Wolf im Hühnerhof. (Gerhard Kocher,*1939)
2015 - Im Januar erscheint der Soltauer Denkzettel Nr. 5 mit dem Titel "Inklusion in Zeiten verschärfter Ausgrenzung?"
Sonstiges Medienecho
Ab 2004 sind die Soltauer Impulse in vielen Zeitschriften veröffentlicht worden:
• Soziale Psychiatrie 03/04,
• Frankfurter Rundschau vom 23.7.04
• Dr. med. Mabuse Juli/ August 04 - gekürzte Fassung
• Verhaltenstherapie&Psychosoziale Praxis 03/04,
• Psych. Pflege Heute 05/04
• Fachdienst der Lebenshilfe Nr. 1/ 2005
• Trendinformationen für Führungskräfte der Sozialwirtschaft 07/2005
• Deviant Nr 50, Sept 2006 (in niederländischer Übersetzung)
• Sozial Extra – Zeitschrift für Soziale Arbeit 1/2/08 (gekürzt mit Homepage)
Weitere Veröffentlichungen:
• Die Ausgabe der Zeitschrift Brückenschlag 22/2006 mit dem Titel »Turboleben und neue Ausgrenzung« (Paranus Verlag) bezieht sich ausdrücklich auf die Soltauer Impulse und dokumentiert unter anderem Erfahrungstexte Betroffener, die die neuen Entwicklungen beschreiben.
• Unter dem Titel »Zukunftsangst« wurde die Zusammenfassung einer Expertenbefragung durch Fachhochschulstudenten zu den Themen der Soltauer Impulse veröffentlicht. (Eink, M, Soziale Psychiatrie 4/06)
• Hinweis auf die Stellungnahme zur UN-BRK in: Dr. med. Mabuse Nr.190, März/April 2011, S.14
• Artikel »Enttäuschte Hoffnung – Soltauer Initiative warnt vor Scheitern der UN- Behindertenrechtskonvention« in: pflegen: psychosozial –Zeitschrift für professionelle psychiatrische Arbeit, 4/2011, S.23
Diese Aufstellung ist sehr lückenhaft, denn allmählich ging der Überblick verloren, wo überall die Anstöße der Soltauer Initiative diskutiert oder veröffentlicht und welche anderen Initiativen angeregt wurden.
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