Anregung der hier zeichnenden Verbände des Kontaktgesprächs Psychiatrie zur Reform des § 64 StGB - Einsetzen einer Fachkommission. An die Mitglieder des Rechtsauschusses des deutschen Bundestages.

Der Reformbedarf zu den Regelungen des § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) und damit zusammenhängender weiterer rechtlicher Regelungen wird seit mehreren Jahren in Fachkreisen auch vor dem Hintergrund der angestiegenen Belegung erörtert. Im Oktober 2020 wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, deren Ergebnisse die Grundlage für die im aktuellen Gesetzentwurf zur Reform des Sanktionenrechts enthaltenen Änderungen bezüglich des § 64 StGB bilden. Auch in den Verbänden des Kontaktgesprächs Psychiatrie wurde der Reformbedarf in unterschiedlicher Weise erörtert. Die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die sich im Gesetzentwurf wiederfinden, werden in ihrer Wirksamkeit und Auswirkungen seitens der Verbände teilweise unterschiedlich bewertet, was in den jeweiligen Positionierungen der Verbände Ausdruck finden wird bzw. gefunden hat.

Die unterzeichnenden Verbände stimmen jedoch darüber überein, dass eine nachhaltige und alle Problembereiche umfassende Lösung für die im Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe und im Gesetzentwurf dargestellten Probleme erforderlich ist, für deren Erarbeitung Zeit und eine breite fachliche Expertise benötigt werden.

Dazu ist aus Sicht dieser Verbände die Einsetzung einer Fachkommission erforderlich.

In den Beratungen der Fachkommission sollten auch die Möglichkeiten der Transformation des § 64 StGB in andere Hilfen für Menschen mit einem Delikt im Zusammenhang mit der Abhängigkeitserkrankung erwogen werden. In den Fachkreisen liegen weitgehende Schnittmengen in der Einschätzung vor, wie eine fachgerechte Versorgung der genannten Personengruppe erfolgen kann. Verschiedene Verbände haben dazu bereits Stellungnahmen, Empfehlungen oder Diskussionspapiere vorgelegt, die nun einer vertieften Erörterung bedürfen (u.a. Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V., Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. und Aktion Psychisch Kranke e.V; Gemeinsame Stellungnahme des Kommissariats der deutschen Bischöfe – Katholisches Büro in Berlin, des Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG-S)). Zu den zu erörternden Fragen gehören auch die der Behandlung von suchtkranken Menschen im Justizvollzug und die des Übergangs aus dem Justiz- und Maßregelvollzug in das Suchthilfesystem sowie das gemeindepsychiatrische Hilfesystem.

  • Zu betrachten sind in der Fachkommission auch grundsätzliche menschenrechtliche Perspektiven, insbesondere:
  • die Verbesserung des Suchthilfeangebots in den JVA für suchtkranke Täter,
  • der Gleichbehandlungsgrundsatz für Menschen mit Behinderungen, zu denen auch chronisch suchtkranke Menschen gehören können,
  • die Berücksichtigung auch der chronisch suchtkranken Menschen, die einer zusätzlichen Motivierung bedürfen und im Hauptsacheverfahren (noch) nicht entscheidungsfähig sind,
  • die Teilhabeorientierung im Rahmen der Resozialisierung, sowie
  • das Selbstbestimmungsrecht der suchtkranken Angeklagten im Verfahren und im Vollzug.

Daher empfehlen die unterzeichnenden Verbände zeitnah eine interdisziplinäre und interministerielle Fachkommission zum grundsätzlichen Reformbedarf des § 64 StGB und damit zusammenhängender Rechtvorschriften einzusetzen. Diese sollte in ihrer Zusammensetzung nicht nur die Expertise aus dem Maßregelvollzug und Justizvollzug, sondern auch aus der Strafrechtsdogmatik, der Kriminologie, vor allem aber auch des gemeindepsychiatrischen Versorgungssystem, der ambulanten und stationären Suchthilfe und der Selbsthilfe repräsentieren. Denn grundlegende Reformen des § 64 StGB erfordern ein vertieftes Verständnis der Lebenslagen und -geschichte von Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen mit Delinquenz und der Zusammenarbeit aller Akteure im Hilfesystem.

Unterzeichnet durch einen großen Teil der Verbände aus dem Kontaktgespräch Psychiatrie

Eugen Berker, Angehöriger eines Forensikpatienten mit eigener Psychiatrieerfahrung

Ich bin Mitglied in der DGSP, weil...

"... man hier gut seine Sorgen, Ängste und auch Kritik äußern kann. Da ist mir wichtig, weil in Hessen Psychiatriepolitik häufig sehr konservativ ist und sich wenig am Wohlergehen der Patienten in der Allgemein- wie auch in der Forensischen Psychiatrie orientiert."

Dr. Klaus Obert, Dipl.-Sozialpädagoge

Ich bin Mitglied in der DGSP, weil...

"... ich der Meinung bin, dass sich sozialpsychiatrisches Denken und Handeln im Sinne des Trialogs unverändert in der DGSP wiederfindet, kontrovers, lebhaft und durchaus kritisch solidarisch diskutiert wird. Vor allem finde ich es beeindruckend, dass zunehmend junge Kolleg/-innen wieder anzutreffen sind und die Beteiligung von Psychiatrieerfahrenen und Angehörigen selbstverständlich wird." 

Gemeinsam stark!

Drei Gründe für Deine Mitgliedschaft in der DGSP.

Gib Deiner Stimme mehr Gewicht!

In der DGSP kommen Menschen zusammen, die sich für die Rechte von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen einsetzen und deren gemeindenahe Versorgung vorantreiben wollen.

Betrachte alle Seiten! 

Die DGSP bietet Dir eine starke, multiperspektivische Gemeinschaft, in der Du Dich aktiv austauschen und kreativ einmischen kannst.

Sichere Dir die Vorteile!

Mitglieder und Mitarbeitende von Mitgliedsinstitutionen erhalten attraktive Preisnachlässe bei DGSP-Veranstaltungen und vierteljährlich die Fachzeitschrift "Soziale Psychiatrie".