Nüchtern soziologisch betrachtet ist Stigmatisierung die Zuordnung negativ bewerteter Merkmale. Genau das geschieht im Moment der Diagnosestellung. Die Psychiatrie ist also Ort des Geschehens. Damit tragen wir Mitarbeitende eine besondere Verantwortung im doppelten Sinne: für die individuellen Folgen unseres Tuns Patienten gegenüber und für die gesellschaftlichen Konsequenzen. Damit verbunden ist der Auftrag, Krankheitsmodelle zu entwickeln, die der (Selbst- und Fremd-)Stigmatisierung entgegenwirken und eine Sprache zu pflegen, die anschlussfähig und sensibel ist.
Der Kampf für mehr Sensibilität und Toleranz kann nur trialogisch sein. Psychiatrie-Erfahrene und Angehörige sind die wichtigsten Akteure. Und längst ist diese Arbeit auch für die jeweiligen Lebensorte und Zielgruppen wichtig – eine kommunalpolitische Aufgabe!
In Schulen haben die »Lebens-Lehrer« auch eine präventive Funktion. In Betrieben sind die Arbeitsbedingungen, die ein »Rückkehrer« braucht, für jeden Mitarbeitenden attraktiv. Bei trialogischen Fortbildungen profitieren auch die Mitarbeitenden in Gesundheitsberufen und Jugendhilfe, bei Polizei und im Strafvollzug, in Nachbarschaftsprojekten u.a. Tage der offenen Tür (»Psychiatrie macht Schule«) sind als Begegnungsprojekte hochattraktiv. Eine Gelegenheit für die Psychiatrie, Zerrbildern entgegenzuwirken und auch für Nachwuchs zu sorgen!
Am Beispiel der zwanzigjährigen Geschichte des Vereins »Irre menschlich Hamburg« wird gezeigt, wie diese Entwicklung gelingen kann (mit grundlegenden Ideen und Materialien und vielen kleinen Tricks).
Alle in der Psychiatrie Tätigen, Psychiatrie-Erfahrene, Angehörige
Prof. Dr. phil. Thomas Bock, Diplom-Psychologe, ehem. Leiter der Sozialpsychiatrischen Ambulanz am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
15./16. November 2022 in Köln
Di. 11.00 bis 18.00 Uhr
Mi. 9.00 bis 17.00 Uhr
zzgl. Tagungshauspauschale: