FA Sucht der DGSP
Der Fachausschuss Sucht der DGSP arbeitet seit mehr als 40 Jahren kontinuierlich an Themen zur Versorgung Suchtmittelgefährdeter und Suchtmittelabhängiger. Dabei steht der Blick aus sozialpsychiatrischer Perspektive und die Frage, was die Betroffenen für Hilfen benötigen, im Vordergrund. So waren in den 1980er Jahren der Ausbau von Maßregelvollzugseinrichtungen für Drogenabhängige (z. B. Brauel in Niedersachsen, Parsberg in Bayern, Hadamar in Hessen) Anlass kritischer Auseinandersetzungen. Ein großes Thema war die regionale Versorgung Suchtkranker, die bis in die 1990er Jahre in Rehabilitationseinrichtungen auf der grünen Wiese, weit weg vom normalen Leben der Menschen, errichtet wurden. Heute ist die gemeindenahe oder zumindest regionale Behandlung auch im Suchtbereich Standard. Die Entwicklung qualifizierter Entzugsbehandlungen und individuelle Behandlungspläne, ambulant oder stationär, wurde unterstützt. Die notwendige Zusammenarbeit von Psychiatrie und Suchthilfe als sich ergänzende Bereiche ist Grundhaltung unserer Vorstellungen in der Suchthilfe.
Der Fachausschuss Sucht hat seit 2006 gemeinsam mit der BAG Wohnungslosenhilfe, dem Betreuungsgerichtstag e.V., dem DBH e.V.- Fachverband für soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik sowie dem Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit und jeweils örtlichen Kooperationspartnern sechs Mal einen „Fachtag Sucht“ mit großem Erfolg ausgerichtet (in Köln, Stuttgart, Berlin, Leipzig, Nürnberg, Hamburg, ). Dem Fachtag angeschlossen ist jeweils ein intensiver Workshop-Tag zur vertiefenden Darstellung und Erörterung der Themen. Im Vordergrund stehen dabei stets die Stärkung der an den Schnittstellen zur Suchtarbeit tätigen Kolleginnen und Kollegen, das Aufzeigen der Spannbreite zwischen Akzeptanz und Grenzen gegenüber Suchtmittel konsumierenden Betroffenen und die Möglichkeiten des Umgangs in Krisensituationen.
Der Fachausschuss tagt etwa drei Mal jährlich an verschiedenen Orten mit in der Regel acht bis zwölf Teilnehmer*innen. Es gibt immer wieder Anfragen zur Mitarbeit von Interessierten; leider gelingt es nur selten, neue KolIeg*innen für eine kontinuierliche Mitarbeit zu gewinnen.
Aktuelle Themen und Fragestellungen (u.a.)
Sucht im Straf- und Maßregelvollzug
Die Diskussion zur Reform des §64 StGB und die damit verbundenen Konsequenzen für Suchtmittelabhängige wird mit einer grundsätzlichen Bewertung der im Strafvollzug angebotenen Hilfen verbunden. Eine auf die bestehende Regelung des Halbstrafenerlasses zurückgeführte Annahme, dass die seit längerer Zeit bestehende Überbelegung im Maßregelvollzug im Wesentlichen in dieser Regelung begründet ist, würde bei ihrer Abschaffung für die Behandlung Suchtmittelabhängiger keine Verbesserung bedeuten. Vielmehr sollte das Angebotsdenken durch ein Bedarfsdenken abgelöst werden. Das wiederum muss zu einer stärkeren Individualisierung der Angebote für suchtkranke Straftäter führen. Motivierende Bestandteile, auch die Reduktion von Freiheitsbeschränkungen als Gegenleistung für eine engagierte Therapie, sind in einem modernen Therapieverständnis selbstverständlicher Bestandteil des intendierten Veränderungsprozesses. Die im Strafvollzug an vielen Orten erfolgreich implementierten differenzierten Angebote für suchtkranke Straftäter sollten künftig als Behandlungsoption einbezogen werden.
Sucht im Schnittstellenbereich Wohnungslosenhilfe: Der Fachausschuss setzt sich mit der Frage der Zunahme chronisch mehrfach Abhängiger auseinander und einer angemessenen, die Suchtmittelabhängigkeit berücksichtigenden Versorgung. Dabei stehen die Ökonomisierung und Effizienz der Versorgung in diesen Institutionen einem akzeptierenden und fördernden Umgang gegenüber. Was sind die Konsequenzen für eine Betreuung?
Suchtkrankenbehandlung im psychiatrischen Verbund - Stellenwert der Rehabilitation: Die Versorgung Abhängiger verschiebt sich zunehmend. Psychiatrische Verbünde bieten umfängliche Behandlungen an. Welchen Stellenwert hat die traditionelle Rehabilitation dabei? Und welche Konsequenzen ergeben sich für eine bedarfsgerechte Versorgung zwischen ambulanten und stationären Angeboten? Suchtkrankenhilfe ist Netzwerkarbeit!
Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auf die Suchtkrankenhilfe:
Das BTHG stellt alle in der Eingliederungshilfe Tätigen vor große Herausforderungen. Welchen Gewinn kann das neue BTHG Menschen mit Suchterkrankungen bringen? Was bedeutet der Begriff "Barrierefreiheit" in Bezug auf Menschen mit Sucht (-und psychischen)? Erkrankungen? Wie kann das BTHG die Selbstbestimmung und das "Empowerment" Suchtkranker stärken? Welche Auswirkungen hat das BTHG auf das Rollenverständnis der professionell Tätigen in der Suchthilfe? Mit diesen und darüber hinausgehenden Fragen beschäftigt sich der FA Sucht aktuell zum Thema BTHG.
Im Oktober 2020
Für den Fachausschuss:
Thomas Bader
Im Juli 2019 berichteten Thomas Bader und Martin Reker in der "Sozialen Psychiatrie" (Nr. 165) über aktuelle Themen und Vorhaben.
Kontakt:
Thomas Bader
Henriettenweg 2
72072 Tübingen
Tel.: (0171) 991 58 27
E-Mail: tb.bader(at)t-online.de